Langfristige Einkommensrisiken gehen zulasten von Frauen
Das durchschnittliche Alterssicherungseinkommen von Frauen beträgt in Deutschland nicht einmal die Hälfte der Alterseinkünfte von Männern, hat das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik berechnet. Dieser enorme „Gender Pension Gap“ sei eine der großen gleichstellungspolitischen Herausforderungen.
Die Lebens- und Berufswege von Frauen und Männern in Deutschland unterscheiden sich deutlich. Frauen unterbrechen ihre Erwerbsarbeit häufiger und länger, arbeiten im Durchschnitt weniger Stunden pro Woche zu niedrigeren Löhnen und sind häufiger in nicht sozialversicherungspflichtigen (Mini-)Jobs beschäftigt. Mit der Folge, dass Frauen häufig eine deutlich niedrigere eigenständige Alterssicherung beziehen als Männer: Der so genannte „Gender Pension Gap“ liegt in Deutschland bei 59,6 Prozent. Das heißt, Frauen beziehen ein um 59,6 Prozent geringeres eigenes Alterssicherungseinkommen als Männer. Das ist das Ergebnis einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik (FIT) im Auftrag des Bundesfrauenministeriums.
Eine detailliertere Betrachtung zeigt: Im Osten Deutschlands fällt der Gender Pension Gap mit 36,7 Prozent deutlich niedriger aus als im Westen (63,8 Prozent). Verheiratete und verwitwete Frauen weisen einen deutlich höheren Gender Pension Gap auf (63,8 bzw. 65,4 Prozent) als geschiedene und ledige Frauen (18,8 bzw. 9,0 Prozent). Je höher der Berufsabschluss ist, den eine Frau erworben hat, desto geringer ist der Gender Pension Gap (mit Hochschulabschluss 35,6 Prozent, ohne Berufsabschluss 58,1 Prozent) und die jüngeren Alterskohorten haben eine etwas bessere Alterssicherung als jene, deren Berufsleben schon lange zurückliegt (65- bis 70-Jährige 54,3 Prozent, über 80-Jährige 66 Prozent).
Kurzfristige Lösung nicht möglich
Die Hauptursachen des Gender Pension Gap sind laut Studie ungleiche Chancen zur Erwerbsarbeit, strukturelle Nachteile beim beruflichen Wiedereinstieg nach einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung sowie „eine fehlende Kultur des Respekts vor familiärer Verantwortung in der Arbeitswelt“. Außerdem gehen die „langfristigen Einkommensrisiken der Kombination von Familie und Beruf, die mit dem (weitgehenden) Verzicht auf eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit von Müttern einhergeht, einseitig zulasten fairer Einkommensperspektiven der Frauen“. Der Gender Pension Gap sei eine der großen gleichstellungspolitischen Herausforderungen unserer Zeit, betonen die Autorinnen und Autoren der Studie – die sich nicht kurzfristig bewältigen lasse. Denn die Basis unserer sozialen Sicherungssysteme sind langfristige Berufsverläufe. Zudem sind die meisten Mütter nach wie vor nicht existenzsichernd berufstätig.
Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik hat den Gender Pension Gap anhand detaillierter Daten zu Alterseinkünften aus den Studien zur Alterssicherung in Deutschland (ASID) berechnet. Die Untersuchungsgruppe ist dabei auf diejenigen Personen begrenzt, die das gesetzliche Renteneintrittsalter von 65 Jahren erreicht haben.
Weitere Informationen:
BMFSFJ: Studie Gender Pension Gap